9 Meister ist ein Film über Religionen, ein Film über Berlin, ein Film über den Menschen. Er spielt in Kirchen, Synagogen, Moscheen, Tempeln, in privaten und öffentlichen Veranstaltungsräumen, zeigt Zeremonien und Feste im großen und kleinen Kreis, den Alltag DER GGläubigen in den Gemeinden. Im Zentrum stehen neun in Berlin lebende Vertreter verschiedener religiöser und weltanschaulicher Richtungen (Judentum, Hinduismus, Thai-Buddhismus, Römisch-Katholische Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Islam, Evangelische Kirche, Zen-Buddhismus, Candomblé) und ihre Aussagen, die durch Originalität, Tiefe und Vielschichtigkeit den Zuschauer dazu anregen, sich Gedanken über sich selbst und sein eigenes Leben zu machen. So verschieden und bunt die Menschen und ihre Kulturen auch sind, manche Dinge sind für alle gleich, und so ist es auch nicht verblüffend, wenn sich im Lauf des Films herausstellt, dass die Anschauungen unterschiedlicher Religionen durchaus große Ähnlichkeiten aufweisen.
Woher kommen wir, was tun wir hier, wohin gehen wir?
Die Entscheidung unterschiedliche religiöse Vertreter für dieses Projekt zu gewinnen repräsentiert das Herz unserer Dokumentation. Wir sind der Ansicht, dass gerade Menschen, die einen spirituellen Weg eingeschlagen haben, geeignete und angemessene Ansprechpartner für philosophische und lebenspraktische Fragestellungen sind. Denn Religion bildet die Basis jeglicher Kultur, das intime Gerüst unseres kollektiven Unterbewusstseins.
Im Laufe der Zeit sind in den verschiedenen Kulturen Weltanschauungen, Philosophien und Religionen entstanden, aus denen sich Lebenskonzepte, Normen, Wertmaßstäbe und Verhaltensregeln unterschiedlichster Art entwickelten. Die Beschäftigung mit diesen Fragen bleibt stets aktuell und lebendig, und ist für jeden Menschen, unabhängig von seiner Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft, von wesentlicher Bedeutung.
Mehr als 1,5 Millionen Berliner Bürger sind Mitglied einer Religionsgemeinschaft, und nahezu alle Weltanschauungen sind in der Hauptstadt vertreten. In Kirchen, Tempeln, Moscheen, Synagogen, Schreinen, etc. wirken u.a. Bischöfe, Priester, Pfarrer, Gurus, Meister, Imame, Rabbis für das Wohl der Suchenden und Gläubigen, für den Zusammenhalt ihrer Gemeinde, für den Bestand und die Weiterentwicklung der eigenen Tradition. Sie bieten ein spirituelles Fundament und eine kulturelle Identität, repräsentieren in ihrem Amt und ihrer Funktion den Glauben, dem sie angehören, sowie dessen Philosophie.
Der räumliche Zusammenhang, die Großstadt Berlin, bildet einen Leitfaden bzw. gemeinsamen Nenner in unserer Erzählung und macht die Verflechtung der Aussagen der Protagonisten umso faszinierender: wie jede Weltmetropole ist Berlin ein Sammelbecken von Schicksalen aus aller Welt. Seite an Seite, Wand an Wand leben hier Menschen mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen. Sie teilen sich diesen Raum unter dem gleichen Himmel, in einer Stadt, die unzählige Realitäten, vielseitige Formen der Religionsausübung, sowie alternative Glaubenskonzepte kennt und bietet.Herkunft, Erziehung, Sozialisierung, Religion und Weltanschauung prägen den Menschen und machen ihn ungleich zu seinem Nächsten. Dialogbereitschaft, die Fähigkeit zuzuhören, Respekt, Frieden und gegenseitiges Lernen, aber auch das Erkennen der Unterschiede und die Wahrung der eigenen Identität, sind die Basis eines friedlichen und gerechten Zusammenlebens.
Der Film ist in vier Kapitel aufgeteilt: Religion, Tradition und Praxis, Gott und Tod.
Die Aussagen unserer Protagonisten bilden, einander gegenübergestellt, einen Dialog über das Menschsein – ihre Worte werden im filmischen Kontext verflochten und dienen als Motor der Dramaturgie. Die Gegenüberstellung der Aussagen von Vertretern verschiedener Religionen lenkt die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die behandelten Themen, weniger auf die Protagonisten als solche. Der Film beschränkt sich nicht auf eine philosophisch-theoretische Abhandlung, die fern von jeglicher gelebter Realität ist: Bilder aus der Liturgie und Praxis der jeweiligen Gemeinde unterstreichen die Antworten unserer Protagonisten und vermitteln einen konkreten Bezug zu den besprochenen Themen. So entsteht eine zweite Erzählebene und zugleich ein dramaturgischer Rahmen für die Interviews.
Die Religionsausübung einer Gemeinde kennt Riten und Formen, Farben, eine ästhetische und kulturelle Sprache. Gottesdienste, Musikaufführungen, Ansprachen, Meditationen, Feierlichkeiten, der gelebte Alltag bieten interessantes Material für die Kamera. Die Bilder der unterschiedlichen Kultstätten, liturgische Gegenstände und deren Details, ergeben in ihrer feierlichen und farbenprächtigen Vielfalt hervorragen des Material für den Schnitt. Sie ermöglichen interessante Gegenüberstellungen thematischer, visueller und dramaturgischer Natur. Um einen konkreten Bezug mit der Stadt und dem Leben draußen herzustellen, veranschaulichen Stadt- und Straßenbilder, als geographischer und kultureller Behälter unserer Schicksale, den Zusammenhang zur materiellen Welt.
Besonderen Dank an:
- Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin (Jüdische Gemeinde zu Berlin, Synagoge Pestalozzistrasse – Berlin Charlottenburg)
- Dr. Avnish Kumar Lugani (Sri Ganesha Hindu Tempel – Berlin-Neukölln)
- Phra Patipan Ratanapanyo (Wat Pah Bodhi-Dhamm Tempel in der Thai-Buddhistischen Waldtradition – Berlin-Gatow)
- Schwester Mirjam Fuchs (Karmel Regina Martyrum – Berlin Charlottenburg)
- Abt Daniil Irbits (Russisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats – Berlin-Wilmersdorf)
- Imam Dipl. Ing. Abdallah Hajjir (Darul-Hekma Haus der Weisheit e.V. – Berlin-Moabit)
- Pröpstin Friederike von Kirchbach (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz)
- Zen-Meister Wu Bong (Kwanumzen Schule – Berlin Wedding)
und allen Gemeindemitglieder!
9 Meister (Dokumentarfilm, 2014, 105 Minuten)
- Buch, Regie, Kamera, Produktion und Schnitt: Fabio Dondero
- Co-Regie und Co-Produktion: Bernd Sandner
- Kamera: Christoph Kube
- Ton: Gunar Otto
Zen Meister Wu Bong verstarb am 17. April 2013 während eines retreats, welches er im Paris Zen Zentrum leitete. 9 Meister ist, unter anderen, ihm und seiner Familie gewidmet.